Kleine Winterreise auf den Darß

Eisiger Morgen am Alten Strom in Prerow
Eisiger Morgen am Alten Strom in Prerow

Es ist ja nix Neues, dass ich hin und wieder auf dem Darß bin, weil meine Tochter sowie mein Schwiegersohn in spe dort leben. Und inzwischen auch mein kleines Enkelkind, ein wahrer Schatz.

Neu aber ist, dass ich Mitte Februar zum ersten Mal von einer winterlichen Ostsee empfangen wurde. Und es war kalt. Richtig kalt. So eisig, dass ICH Handschuhe trug und das will wirklich was heißen. Sogar mein drittes Auge hatte dann und wann von der Kälte genug und trat in den Streik. Das wiederum war ziemlich ärgerlich, denn so entgingen mir diverse Motive, die man nicht alle Tage vor die Linse bekommt. Aber jut, watt soll man machen ... Normaler Weise starte ich in Prerow bei Sonnenaufgang meinen ersten Rundgang, der mich vorbei am Alten Strom zum Nordstrand und dann weiter zum Hafen führt. DAS habe ich in dieser Woche nur einmal gemacht. Nach einer guten Stunde war ich nämlich trotz dicker Kleidung in mehreren Schichten bis in die Zehenspitzen durchgefroren, meine Kamera wollte nicht mehr - das wars. An den folgenden Tagen trieb es mich deswegen erst im Laufe des Vormittags hinaus. Zu meiner Freude zeigte sich regelmäßig die Sonne und sorgte tagsüber für ganz annehmbare Temperaturen. Wäre da nicht dieser eisige Wind am Strand gewesen, hätte man angesichts ein paar ziehender Kraniche am blauen Himmel glatt von Vorfrühling sprechen können. Auf der anderen Seite sorgte das Winterwetter aber auch für besondere Ansichten - Eiskristalle in verschiedenen Formen und Größen oder Muscheln im bzw. auf dem Eis - sowie einen unglaublich blauen, klaren Himmel.

Die starken Winde hatten Berge von Miesmuscheln an den Strand gespült, in denen unzählige Silber- und Mantelmöwen zusammen mit den in Strandnähe ansässigen Nebelkrähen nach Nahrung suchten - begleitet von meinen gefiederten Lieblingsstrandflitzern, den Sanderlingen, die sich in Trupps von bis zu 20 - 30 Tieren im Spülsaum tummelten. In reichlichem Abstand zur Küste hielten sich Stock- und Schellenten sowie ein paar Zwergtaucher auf. Hin und wieder flogen geräuschvoll Singschwäne Richtung Darßer Ort - was für ein schöner Anblick. Ganz aus dem Häuschen geriet ich, als ich an der Absperrung am Nothafen einen Großen Brachvogel entdeckte. Die hatte ich seit meiner Kindheit, wo sie auf den Feuchtwiesen bei Buchholz ein selbstverständlicher Anblick waren, nicht mehr gesehen. Leider machte er sich auf und davon, bevor ich meine Kamera startklar hatte.

An einem wunderbaren Tag mit Sonnenschein und verhältnismäßig wenig Wind trieb ich mich stundenlang auf dem Rundwanderweg am Darßer Ort herum. Graureiher flogen über das Schilf, vom Ottosee her klang der Ruf des Großen Brachvogels zu mir herüber, auf den Rentierflechten am Boden suchten Haubenmeisen, Weidenmeisen und andere Vögel nach Nahrung und auf den Dünen döste Rotwild in der Sonne. Herrlich. Das Highlight aber waren Seeadler unterschiedlichen Alters, die die Thermik des Tages nutzten, um am Himmel zu kreisen oder ihre phantastischen Balzflüge zu absolvieren. 14 Seeadler in zwei Stunden - das sieht unsereiner aus Berlin ja nun wirklich nicht alle Tage. Leider ist ein 300er Objektiv nicht so optimal, wenn es um hoch am Himmel fliegende Seeadler geht - dennoch möchte ich ein paar Fotos zeigen. Einfach, weil es wunderschöne Erlebnisse waren.

Natürlich durfte ein Besuch bei meinem Freund, dem Darßwald, nicht fehlen. Dafür muss immer irgendwie Zeit sein. Ich erlebte wohltuende Stunden ohne Auto- oder Flugzeuglärm, erfreute mich an vereisten Erlenbrüchen, Moosskulpturen im Eis und Gräsern, die im Frost erstarrt waren. Es hat schon irgendwie etwas sehr Geheimnisvolles, wenn man im tiefsten Winter die Waldwege entlang geht und aus der Tiefe der Erlenbrüche das Rufen eines Kranichpaares zu vernehmen ist, das sich aufgrund der milden Witterung nicht auf den Weg nach Süden gemacht hat ... Hin und wieder suchten riesige Trupps aus Erlen- und Birkenzeisigen auf den Wegen nach Nahrung und erfüllten die Luft mit einem lautstarken Gezwitscherkonzert. Ich liebe diesen riesigen Wald mit seinen alten Baumpersönlichkeiten, den unterschiedlichen Lebensräumen, seinen Tieren und Pflanzen. Es ist, als würde man in eine andere Welt eintauchen ...

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Kommentare: 1
  • #1

    besucherin (Mittwoch, 26 September 2018 12:41)

    Ich bin weimal im Jahr auf dem Darß und wohne in Zingst. Die Bilder sind toll. Genauso schön und vielseitig wie die Gegend. Ich freue mich schon auf meine nächtse Reise.