Europäisches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola)


Männliches Europäisches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), 18.04.2020, Staaken/Berlin
Männliches Europäisches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), 18.04.2020, Staaken/Berlin

Ein männliches Europäisches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) sitzt stets auf dem höchsten Ast in seinem Revier, um alles im Blick zu haben und sein kurzes Lied für die Weibchen zu trällern. Mit seinem schwarzen Kopf, dem weißen Kragen, der schwarzbraunen Oberseite und der rostroten Brust macht er im sogenannten Prachtkleid wirklich was her. Nähert sich ein Störenfried wie ich es einer bin, spreizt er unablässig die Schwanzfedern, zuckt mit den Flügeln und tackert laut vor sich hin. Dieses tackernde Schimpfen verrät mir schon von Weitem, dass Schwarzkehlchen in der Nähe sind.

Weibliches Europäisches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), 09.05.2020, Staaken/Berlin
Weibliches Europäisches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), 09.05.2020, Staaken/Berlin

Dem Weibchen fehlen die kontrastreichen Farben des Männchens, vor allem das tiefe Schwarz am Kopf und auf der Oberseite. Sein Gefieder wird von Brauntönen dominiert; es wirkt insgesamt heller und auch die rostrote Brust ist farblich schwächer ausgeprägt. Nach der Balz- und Brutzeit wechseln die Vögel vom Prachtkleid in das Schlichtkleid. Dann sind beide um ein Vielfaches unscheinbarer und sehen sich sehr ähnlich. Jungvögel ähneln den Weibchen, sind aber auf der Brust gestrichelt.

Weibchen und Jungvögel tragen also ein eher unauffälliges Gefieder, welches vor allem der Tarnung dient und an den Lebensraum der Schwarzkehlchen angepasst ist: Offene Landschaften mit Freiflächen und niedrigem Bewuchs, die von Gebüschen durchsetzt sind und eine vielfältige Pflanzenwelt aufweisen. Denn Schwarzkehlchen benötigen als Nahrung kleines Getier verschiedenster Art (z.B. Insekten, Spinnen, Raupen, Würmer, Falter) und die gibt es nur dort, wo eine bunte Pflanzenwelt gedeiht. Im Miteinander von frischen und alten Gräsern und Stauden, im Wechsel von Braun- und Grüntönen sowie dem Farbenspiel der Blüten ist das Weibchen nur schwer auszumachen. Als Aussichtswarte für den Beutezug nutzen die kleinen Vögel gern alte Halme der Goldrute oder des Rainfarns oder den stattlichen Blütenstand einer Großblütigen Königskerze. Ihre Nahrung suchen sie überwiegend am Boden oder im Gestrüpp der Pflanzen. Und am Boden brüten sie auch. Gut versteckt in einer Vertiefung zwischen den Pflanzen wird ein kleines, napfförmiges Nest aus Gräsern, Moos und kleinen Zweigen gebaut, welches mit weichen Materialien wie Federn, Haaren oder Wolle ausgekleidet wird. Gelegt werden zwischen 3 und 6 Eier, aus denen nach ca. 14 Tagen der Nachwuchs schlüpft. Für den Nestbau ist das Weibchen zuständig, denn der Schwarzkehlchenmann muss ja von seinem Thron aus das Revier im Auge behalten. Gefüttert wird der Nachwuchs jedoch von beiden Elternteilen.

Europäisches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) Jungvogel, 24.05.2020, Staaken/Berlin
Europäisches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) Jungvogel, 24.05.2020, Staaken/Berlin

Angesichts der Tatsache, dass Schwarzkehlchen nur von März/April bis Oktober/November bei uns weilen, sind zwei Bruten bis Ende August eine beachtliche Leistung der kleinen Vögel. Den Winter verbringen Schwarzkehlchen in Süd- und Westeuropa. Zwei Bruten im Jahr und ein relativ kurzer Weg in die Überwinterungsgebiete stellen wesentliche Vorteile gegenüber dem Braunkehlchen dar, mit dem sich Schwarzkehlchen den Lebensraum teilen. Das sind außerdem wahrscheinlich die Gründe dafür, dass Braunkehlchen zunehmend verschwinden, während das Schwarzkehlchen meist noch ein verlässlicher Brutvogel ist und die Bestände mancherorts zunehmen. Da weibliche Schwarzkehlchen manchmal mit dem Braunkehlchen verwechselt werden, gibt es am Ende der Seite zwei Fotos vom Braunkehlchen und einen Link zur Seite über diese Vögel. Trotz des Vorgesagten über die Bruten und den kurzen Zugweg ist auch das Schwarzkehlchen in manchen Teilen Deutschlands verschwunden oder auf dem Rückzug. Fehlende, geeignete Lebensräume durch eine ausufernde konventionelle Landwirtschaft sowie die Bautätigkeit des Menschen sind wie immer die Hauptursache. Immer mehr Brach-, Heide- und bebuschte Wiesenlandschaften müssen dem Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen für Monokulturen oder für Gewerbe- und Wohngebiete weichen. Einmal mehr ist also der Mensch neben den natürlichen Feinden (Katzen, Marder, Fuchs, Greifvögel usw.) die größte Gefahr für das Bestehen einer Art. Umso mehr freue ich mich darüber, dass es in meiner Nähe regelmäßig mehrere Brutpaare gibt, die erfolgreich Nachwuchs aufziehen. Die Schwarzkehlchen teilen sich das Gebiet mit anderen seltenen Vögeln wie Steinschmätzer, Braunkehlchen und Wendehals. Kuckuck, Bachstelze, Bluthänfling, Feldlerchen und viele andere gefiederte Gesellen haben dort ebenfalls ein sehr gutes Auskommen. Jede Stunde, die ich in diesem Gebiet verbringen kann, ist ein Erlebnis und ich hoffe, dass den Tieren ihre Sommerheimat noch lange erhalten bleibt.

Zum Vergleich: Braunkehlchen (Saxicola rubetra)