All jenen, die meinen Einleitungstext über Rügen gelesen haben, wird mein Loblied über die Zickerschen Berge nicht entgangen sein. Ja, es stimmt - die Zickerschen Berge sind einer meiner Lieblingsorte auf Deutschlands größter Insel. Diese einmalige Landschaft be- und verzaubert mich immer wieder aufs Neue. Ihr Anblick verwöhnt meine Augen und lässt mein Herz weit werden. Zugegeben: Das Erwandern der Hügel ist nicht ganz ohne, was die Kondition angeht. Ständig marschiert man auf und ab und manche Wege sind wirklich recht steil. Doch das abwechslungsreiche Mosaik aus blühenden Wiesen, wogendem Grasland, kleinen Wäldchen, knorrigen Baumgestalten, Wasser, Hügeln und Steilküsten unter dem Dach eines unglaublich weiten Himmels ist mehr als Belohnung für die Anstrengungen. Meinereine kann sich von morgens bis abends dort herumtreiben und wird nicht müde, diesen Ort mit allen Sinnen zu genießen, die Vielfalt der Natur zu bestaunen. Bei einer steifen Brise auf einer der "Gipfel" zu stehen und den Blick schweifen zu lassen, den Wind tosen zu hören und auf der Haut zu spüren - das liebe ich genauso wie den warmen Maitag mit Sonnenschein und Vogelgezwitscher, an dem man vom Duft der blühenden Blumen, Büsche und Bäume quasi umhüllt wird. Mal abgesehen vom ungeheuren Artenreichtum der hier lebenden Tiere und Pflanzen, der nicht nur ein Grund für meine Begeisterung ist, sondern auch dafür, dass die Zickerschen Berge unter Naturschutz stehen: Sie sind zusammen mit den umliegenden Gewässern Hagensche Wiek sowie Kaming Teil des Naturschutzgebietes Mönchgut, welches wiederum zum Biosphärenreservat Südost-Rügen gehört.
Jenen Menschen, die ihr Hauptaugenmerk auf Tiere und Pflanzen ausgerichtet haben, sei die Zeit zwischen April und Juli wärmstens ans Herz gelegt, denn in dieser Jahreszeit gibt es in den Zickerschen Bergen unglaublich viel zu entdecken. Schmetterlinge, Hummeln und Bienen versuchen ihr Glück an diversen Wildkräutern wie Augentrost, Gemeinem Dost oder Thymian sowie Wiesen-Schlüsselblumen, Knöllchen-Steinbrech, Gemeiner Grasnelken, Rundblättriger Glockenblume, verschiedenen Sommerwurzarten oder Weißer Schwalbenwurz. Begleitet vom unverkennbaren Gesang der Feld- und Haubenlerchen, den Rufen des gerade aus seinem Überwinterungsgebiet zurückgekehrten Kuckucks und all den den anderen Vögeln, die allein schon einen Besuch lohnen, wenn man sich für die heimische Vogelwelt interessiert. Die artenreichen Gehölze zwischen den Hügeln bieten Lebensraum für Trauerschnäpper, Karmingimpel, Bluthänfling oder Gold- und Grauammer. Auf den Ackerflächen können regelmäßig Schafstelzen beobachtet werden. Am Himmel können Rotmilan, Seeadler, Mäusebussard oder Turmfalke ausgemacht werden. In den Buchten der Bodden finden sich die majestätischen Höckerschwäne oft in sehr großer Zahl ein, um zu ruhen oder nach Nahrung zu suchen. Und an so mancher Steilküste haben Uferschwalben Brutkolonien begründet. Die Täler zwischen den Hügeln bieten Feldhasen Schutz, ab und zu kreuzen Rehe den Weg. Dachs und Fuchs hingegen haben dort ihr zu Hause, wo die Wanderer nicht hinkommen. Auch Ringelnatter, Blindschleiche, Zaun- und Waldeidechse leben in den Zickerschen Bergen. Kurzum - die Liste der Tiere, insbesondere der Insekten, ist endlos. Ebenso die der Vögel. Die Vielfalt des Frühlings oder Frühsommers sucht man im Herbst natürlich vergeblich. Dennoch gibt es auch in den Herbstmonaten noch viele Pflanzen und Tiere zu bestaunen, wenn man sich Zeit nimmt und die Augen aufmacht. Außerdem zaubert die späte Jahreszeit mit buntem Laub, Nebel oder dunklen Wolken ihre ganz eigenen Stimmungen in die Landschaft, die nicht weniger faszinierend sind als ein strahlender Maitag.
Und ein Besuch des Bakenberges lohnt sich schlichtweg immer. Mit 69 m über NN ist er der höchste Hügel auf dem Mönchgut, also auch im Gebiet, gefolgt vom Zicker Berg mit 66 m über NN. Die Aussicht vom Bakenberg sucht auf dem Mönchgut vergeblich ihresgleichen. Sie ist einzigartig. Der Blick schweift über die gesamten Zickerschen Berge bis nach Klein Zicker sowie Thiessow mit dem Lotsenberg bis nach Lobbe und Göhren. Middelhagen mit dem Schafberg grüßt aus der Ferne. Bei klarer Sicht können Sie sogar das Jagdschloss Granitz ausmachen und die Schiffe auf der Ostsee sehen. Zugegeben, wenn man schon eine Weile bergauf und bergab umher gestiefelt ist, zieht es einen nicht wirklich auf den Bakenberg, sondern eher in eine Lokalität oder auf die Couch. Überwinden Sie den inneren Schweinehund und marschieren Sie trotzdem hinauf. Oder setzen Sie den Bakenberg an den Anfang Ihrer Wanderung. Überhaupt sollten Sie jeden Hügel dieses Gebietes erklimmen. Selbst auf die Gefahr hin, dass Sie am Ende des Tages total knülle ins Bett fallen und es am nächsten Tag vielleicht nur bis zum Strand schaffen, weil Ihnen alle Knochen wehtun. Ob zum Reddevitzer Höft, hinüber nach Vilm oder in alle anderen bereits genannten Richtungen - die Ausblicke sind stets anders, aber immer etwas ganz Besonderes. Wenn ab dem frühen Nachmittag die umliegenden Gewässer silbern schimmern und vielleicht ein paar dicke Wolken aufgezogen sind, entsteht ein fast mystisch anmutendes, großartiges Schauspiel aus Licht und Schatten vor der weiten Kulisse der Hügel. Dicke Wolken? Ja, Sie haben richtig gelesen. Diese Landschaft ist bei jedem Wetter ein Erlebnis, von Tagen mit Dauerregen mal abgesehen.
Zur Ihrer Motivation sei gesagt, dass es diverse Möglichkeiten für eine Pause gibt. An markanten Punkten stehen Bänke, am Rand des Kiefernwäldchens in der Nähe des Zicker Berges gibt es eine Schutzhütte mit Sitzmöglichkeit. Die Strände am Nonnenloch oder auf der Gager Boddenseite laden ebenfalls zum Ausruhen ein. Nehmen Sie Getränke und Proviant mit, packen Sie eine Decke ein, die übrigens nicht auf einer der Wiesen ausgebreitet gehört. Die Wiesen sind Lebensraum unendlich vieler Tiere und Pflanzen. Jegliches Betreten richtet unermessliche Schäden an. Denken Sie daran, dass die Zickerschen Berge wegen der dort beheimateten Lebewesen und Lebensräume unter Schutz stehen und nicht, damit Sie sich dort breitmachen können wie es Ihnen gefällt. Sie und ich, wir sind dort lediglich Gast. Unser Terrain sind die Wege und Strände. Halten Sie sich an die Regeln, die an jedem Eingang gut sichtbar angebracht sind. Erweisen Sie der Natur Respekt und bewahren Sie dieses Juwel Rügens in all seiner Schönheit und unversehrt für künftige Zweibeinergenerationen. Neben den natürlichen "Pausenräumen" bieten die Orte Gager und Groß Zicker verschiedene Einkehrmöglichkeiten. Meine Favoriten sind das Taun Hövt sowie die Fischräucherei Dumrath in Groß Zicker. Beide Lokalitäten liegen an der Boddenstraße, also der Hauptstraße durch den Ort. Das Taun Hövt befindet sich am Ende, die Fischräucherei mittendrin - achten Sie auf das Schild am Straßenrand. Das Taun Hövt glänzt neben der wirklich tollen Lage (herrlicher Blick in die Hügel, nach Klein Zicker und zum Bodden) mit einer regional geprägten Küche und äußerst großzügig bemessenen Portionen. Kaffee, Kuchen oder Eis kann man ebenfalls schnabulieren. In der Fischräucherei Dumrath winken frisch zubereitete Fischbrötchen, die man in einem liebevoll gestalteten Freiluftambiente genießen kann. Fischbrötchen oder Räucherfisch können auch zum Mitnehmen erworben werden.
In beiden Dörfern finden Sie zudem Ecken, in denen das ursprüngliche Rügen mit Reetdachhäusern und bunten Bauerngärten noch sehr präsent ist. Mir haben es auch jene Kleinigkeiten angetan, die man nur bei genauem Hinsehen auf den Grundstücken entdecken kann: Zum Trocknen aufgehängte Zwiebeln an einer baufälligen Scheune, Stühle oder Bänke mit Blumenschalen oder Kürbissen drauf, uralte landwirtschaftliche Geräte oder traditionell gestaltete Türen, bunt bepflanzte alte Fischerboote. Katzen, die gemütlich in der Sonne dösen, Hunde in Strandkörben hinter dem Haus oder Mehlschwalben, die ungestört an den Häusern brüten dürfen und die Sommerluft mit ihrem Gezwitscher erfüllen. Und eben die Gärten. Was für eine Farbenpracht und Pflanzenvielfalt, vor allem im Mai und Juni, während im Herbst prall behangene Obstbäume ins Auge fallen. Der Duft so manchen Apfelbaumes steigt einem schon von Weitem in die Nase und weckt Erinnerungen an eine Zeit, in der es Äpfel in unterschiedlichsten Formen und Farben gab mit sortentypischem Geruch und Geschmack. Kleine Gartenparadiese mit alten Obstsorten, die man in keinem Supermarkt mehr findet. Glücklicher Weise bietet so mancher Dorfbewohner sein Obst vor der Gartentür zum Kauf oder gratis an. Eine Gelegenheit, die ich mir keinesfalls entgehen lasse. Machen Sie also Ihre Augen weit auf, nehmen Sie sich Zeit. Vielleicht auch für einen Besuch des berühmten Pfarrwitwenhauses in Groß Zicker oder der um 1360 erbauten Dorfkirche mit den verwitterten Grabsteinen drumherum. Wenn Sie im April oder Mai die Kirche besuchen, werfen Sie einen Blick auf ein weiß blühendes Gewächs, das auf den Grasflächen gedeiht. Es handelt sich um den Nickenden Milchstern - einen aus dem Mittelmeerraum stammenden Frühblüher, der in Zeiten des Barocks gern in Klostergärten angepflanzt wurde und in manchen Gegenden Deutschlands heimisch geworden ist.
Aus Rücksicht auf die Natur und die in den Orten lebenden Menschen sollten Sie eine Anreise mit dem Auto vermeiden, zumal die Parkmöglichkeiten begrenzt und kostenpflichtig sind. Insbesondere wenn Sie Ihr Urlaubsdomizil auf dem Mönchgut aufgeschlagen haben, bietet sich der Bus geradezu an, denn als Kurkarteninhaber können Sie umsonst fahren. Empfehlenswert ist es, sich die Abfahrzeiten in Groß Zicker oder Gager für den Rückweg vor Beginn der Wanderung anzuschauen, denn die Busse fahren teilweise im Abstand vor einer Stunde. Selbstverständlich können Sie sich auch mit dem Fahrrad auf den Weg machen. Vor dem Betreten des Naturschutzgebietes müssen Sie sich allerdings vorübergehend von Ihrem Zweirad trennen, da das Fahrradfahren im gesamten Gebiet verboten ist (ja, das steht nicht nur sehr gut sichtbar auf den Schildern an den Zugängen ins Gebiet, sondern auch auf allen Radwanderkarten). Aus eigenem Erleben weiß ich, dass manche Fahrradfahrer auf den Trichter kommen, ihr Fahrrad durch die Zickerschen Berge zu schieben. Unter dem Motto "Es ist ja nur das Fahren verboten, das Schieben nicht". Liebe Leute, glaubt mir, ihr tut euch damit keinen Gefallen (mal abgesehen davon, ob Sie mit Ihrer Einstellung richtig liegen oder nicht). Das Gefährt die Hügel hinauf und hinab zu schieben, macht alles andere als Spaß. Es ist ungeheuer anstrengend. Nicht wenige Radfahrer steigen außerdem aufs Fahrrad, sobald sie sich inmitten der Hügel unbeobachtet fühlen. Lassen Sie sich gesagt sein, dass Sie in diesem Punkt irren. Irgendeiner steht immer auf irgendeinem Hügel und sieht Sie. Nicht selten handelt es sich um den Förster und das kann unangenehm werden. Möglich ist auch, dass Sie auf Menschen wie mich treffen. Menschen, denen dieses wunderbare Stückchen Erde am Herzen liegt und die nicht davor zurückschrecken, Sie anzusprechen.
Ich finde es nämlich alles andere als amüsant, Radfahrern Platz zu machen, die wie ein geölter Blitz einen Hügel hinuntergeschossen kommen. Radfahrern, die es an diesem Ort gar nicht geben dürfte, weshalb ich nicht mit ihnen rechne. Radfahrer, die ich manchmal gar nicht bemerke, weil ich am Fotografieren bin und die keinerlei Scheu haben, mich anzupöbeln, weil ich ihnen im Weg stehe. Ganz zu schweigen von den wackeligen Urlaubsradlern, die weder mit dem Fahrrad umgehen können noch den Anforderungen dieses Gebietes körperlich gewachsen sind, bei denen man denkt, sie würden jeden Moment vom Fahrrad kippen. Und ich habe auch keine Lust darauf, mich auf den schmalen Wegen durch die bewaldeten Teile ins Unterholz zu verdrücken, damit sich Mensch und Fahrrad vorbeiquetschen können. Und und und ... Spätestens nach zwei, drei solcher Begegnungen ist bei mir Schluss mit dem kommentarlosen Wegschauen und es wäre schön, wenn jeder Wanderer jeden Fahrradfahrer in den Zickerschen Bergen ansprechen würde. Radfahrer in den Zickerschen Bergen sind ein einziges Ärgernis. Sie sind ein Störfaktor für die Natur und jene Menschen, die sich an die Regeln halten. Auch wenn Sie es nicht gern lesen, es ist so. Nehmen Sie es einfach hin, dass Sie in den Zickerschen Bergen auf Ihr Fahrrad verzichten müssen, denn Sie schaden ansonsten der Natur: Die Räder Ihres Fortbewegungsmittels lockern den Boden der Wege stark auf, was die Bodenerosion und -zerstörung durch Regen und Wind erheblich beschleunigt. Außerdem leben in den Zickerschen Bergen Blindschleichen, Ringelnattern und Eidechsen - Tiere, die sich mit Vorliebe auf sonnigen Wegen aufhalten, von Fahrradfahrern in der Regel jedoch nicht gesehen werden und deshalb häufig zu Tode kommen. Soooo. Nun noch einige Hinweise für Menschen mit noch nicht laufendem Nachwuchs: Alle offiziellen Wege sind für geländegängige Kinderwagen geeignet. Es muss Ihnen aber bewusst sein, dass es unablässig bergauf und bergab geht. Das erfordert starke Arme und eine entsprechende Kondition. Falls Sie vorhaben, den Strand am Nonnenloch zu besuchen: Dort führt eine sehr schmale und recht steile Holztreppe hinunter, die mit einem Kinderwagen nicht zu bewältigen ist. Und selbst, wenn Sie es schaffen - am Strand werden Sie mit dem Kinderwagen nicht vorankommen. Lassen Sie den Kinderwagen also lieber oben stehen oder weichen Sie auf den gut zugänglichen Strandabschnitt an der Gager Boddenseite aus, der von Gager aus über die Straße Am Höft bequem zu erreichen ist.
Ausgangspunkte meiner Touren sind in der Regel Gager und Groß Zicker, manchmal laufe ich auch in Lobbe los. Daneben gibt es noch einige andere Möglichkeiten, sich in die Zickerschen Berge aufzumachen. Verlaufen kann man sich nicht wirklich, sofern man über ein wenig Orientierungssinn verfügt, denn das Gebiet ist im wahrsten Sinne des Wortes überschaubar. Wer sich gar nicht auskennt oder unsicher ist, sollte auf jeden Fall eine Karte dabei haben (z.B. Rad- und Wanderkarte "Mönchgut/Granitz bis Bergen" 1 : 30.000, vom Verlag Grünes Herz). Es ist auch möglich, sich nach den Wegweisern an den Kreuzungen der Wanderwege zu richten, denn das gesamte Gebiet ist gut ausgeschildert. Anmerken möchte ich noch, dass die Hügel von Schafen beweidet werden. Das kann dazu führen, dass manche Wanderwege von den Weidezäunen blockiert sind. Folgen Sie in diesem Fall den vom Schäfer freigemähten Ausgleichswegen. Außerdem werden ab und zu Teile der Hochuferwege zeitweise oder dauerhaft gesperrt. Auch, wenn Sie sich im ersten Moment darüber ärgern, weil Sie sich vielleicht gerade auf diesen Wegabschnitt besonders gefreut haben: Denken Sie daran, dass beim Begehen der gesperrten Wege oder der Strandabschnitte am Fuß der Steilküsten tatsächlich Lebensgefahr durch die Instabilität der Kliffs besteht. Kein Foto, kein Ausblick ist es wert, das eigene Leben und das seiner Lieben zu gefährden. Abschließend noch der Tipp, immer eine Jacke im Gepäck zu haben, denn auf dem Kamm der Hügel weht fast immer ein recht kräftiger Wind.
Sooooo. Für alle, die es bis hierhin geschafft und noch nicht genug haben, stelle ich auf den kommenden Seiten ein paar meiner Wanderungen durch die Zickerschen Berge vor. Und auch, was es an Tieren und Pflanzen und sonst noch so zu bestaunen gibt. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Umschauen und unvergessliche Stunden an einem meiner Lieblingsorte.
Die steinigen Strände zu Füßen der Hügel stellen ein El Dorado für Geologiefans und Fossiliensammler dar. Auch wir konnten uns schon oft über wunderbare Funde freuen. Kurzum: In den Zickerschen Bergen ist ein Tag schnell vorbei. Selbst dann, wenn man "nur" still auf einer der Bänke sitzt und das Drumherum genießt.