Die Kleinsten von allen - Wintergoldhähnchen (Regulus regulus) und Sommergoldhähnchen (Regulus ignicapilla)

Aus den Augenwinkeln sieht man in der Hecke etwas herumhuschen ... War da ein Vogel? Tatsächlich. Im Geäst turnt und schwirrt ein kleiner Vogel herum. Mal hüpft er von Ast zu Ast, mal hängt er kopfüber an einem Zweig, mal steht er im Flug in der Luft wie ein Kolibri - Goldhähnchen sind phantastische Flug- und Kletterkünstler, die unablässig in Bewegung sind. Und sie sind klein, sehr klein. Winter- und Sommergoldhähnchen sind die kleinsten Vögel Europas. 4 bis 8 Gramm gefiedertes Leben mit einer Körperlänge von bis zu 9 Zentimetern. Ihre Winzigkeit ist es denn auch, die sie nahezu ununterbrochen in Bewegung hält, denn ein derart kleiner Körper bedarf einer permanenten Energiezufuhr in Form von Kleintieren oder Sämereien.

Das Wintergoldhähnchen (Regulus regulus)


Wintergoldhähnchen auf Nahrungssuche, 28.01.2017, Staaken/Berlin.
Wintergoldhähnchen auf Nahrungssuche, 28.01.2017, Staaken/Berlin.

Um Wintergoldhähnchen zu beobachten, eignen sich besonders die Wintermonate. Nicht nur, weil Bäume und Sträucher dann laublos sind und uns eine bessere Sicht als im Sommer bieten. Sondern vor allem, weil sich zu unseren einheimischen Wintergoldhähnchen, die das gesamte Jahr über hier leben, viele Gäste aus nördlicheren Gefilden gesellen. Mal zu zweit, mal in kleinen Trupps aus Artgenossen oder auch zusammen mit Kohlmeisen und Blaumeisen ziehen die grünlichen Wintergoldhähnchen dann von Gehölz zu Gehölz - begleitet von ihrem typischen, hochtönigen Si-si-si. So betrachtet, trägt es den Namen "WINTERgoldhähnchen" zu Recht. Männchen tragen übrigens einen orangefarbenen Scheitelstreif, Weibchen einen gelben. Oft sieht man jedoch auch Vögel, die nur einen orangefarbenen Fleck im Scheitel tragen. Während man Wintergoldhähnchen in der kalten Jahreszeit an unterschiedlichsten Bäumen und Sträuchern sowie an trockenen Kräutern oder Gräsern auf der Nahrungssuche beobachten kann, leben sie in der Brutzeit in Nadelwäldern und sind an die Fichte gebunden. Gibt es in Laubwaldbeständen oder Parkanlagen größere Fichtenbestände, können sie auch dort ein Auskommen als Brutvogel haben.

Männliches Wintergoldhähnchen, 29.01.2017, Staaken/Berlin.
Männliches Wintergoldhähnchen, 29.01.2017, Staaken/Berlin.
Weibliches Wintergoldhähnchen, 19.02.2017, Prerow/Mecklenburg-Vorpommern.
Weibliches Wintergoldhähnchen, 19.02.2017, Prerow/Mecklenburg-Vorpommern.

Das Nest ist ein ausgesprochenes Kunstwerk - kugelförmig und nach oben offen wird es in äußere Fichtenzweige eingewoben und ist durch die Verwendung von Moosen und Flechten für die Außenschicht hervorragend getarnt. Damit es die Brut schön warm hält, wird es mit tausenden kleiner Federn ausgepolstert - was für eine Leistung dieser kleinen Vögel! Ein Wintergoldhähnchennest zu erspähen, dürfte eine ziemlich schwierige Angelegenheit und nahezu unmöglich sein, denke ich. Es ist sehr klein und befindet sich weit oben im Geäst. Ich habe jedenfalls noch keins entdeckt, das sei gesagt. Nicht mal im Darßwald, in welchem die winzigen Vögel wegen der ausgedehnten Fichtenbestände zahlreich vorkommen. Wintergoldhähnchen brüten in der Regel zwei Mal jährlich. Wobei mit dem Bau des zweiten Nestes bereits während der Fütterungszeit der ersten Jungvögel begonnen wird, da der Nestbau einige Wochen in Anspruch nehmen kann.

Beim Auffliegen zeigen die Vögel ihr ganze Schönheit, 13.02.2021, Hahneberg/Berlin.
Beim Auffliegen zeigen die Vögel ihr ganze Schönheit, 13.02.2021, Hahneberg/Berlin.

Wintergoldhähnchen gehören zu jenen Vögeln, die ich besonders gern beobachte und fotografiere. Auch wenn man sie nicht gleich sieht, verrät ihr typisches Si-si-si, dass sie da sind und mit ein wenig Geduld entdeckt man sie wenig später. Ihre wirkliche Schönheit zeigt sich insbesondere beim Auffliegen oder wenn sie mit den Flügeln schlagend in der Luft stehen. Dann haben sie irgendwie etwas Feenhaftes, unglaublich Schönes, Feines, Filigranes. Allerdings ist es eine ziemlich schwierige Sache, so ein fliegendes Wintergoldhähnchen zu fotografieren, denn sie sind einfach zu schnell ... oder Zweige verstellen die Sicht. Egal, es ist einfach toll, den Vögeln zuzusehen und wenn man sich Zeit nimmt, kommt man manchmal sogar ziemlich nah heran, ohne dass sie sich bei ihren Aktivitäten stören lassen. Ist es sehr lange kalt, tauchen Wintergoldhähnchen übrigens gern an Vogelfutterstellen auf. Dort hält die friedliche Koexistenz mit den Meisen, die beim Umherziehen in gemischten Trupps herrscht, nicht immer. Ich habe nämlich schon oft erlebt, dass vor allem Blaumeisen die Wintergoldhähnchen vehement traktieren, um sie von der Futterstelle zu vertreiben.

Wintergoldhähnchen, 29.01.2017, Staaken/Berlin.
Wintergoldhähnchen, 29.01.2017, Staaken/Berlin.
Wintergoldhähnchen, 29.01.2017, Staaken/Berlin.
Wintergoldhähnchen, 29.01.2017, Staaken/Berlin.

Finden sich Wintergoldhähnchen an der Vogelfütterung ein, ist es also eine schwierige Sache für sie, sich gegen die anderen Vögel zu behaupten. Um ihnen ebenfalls die Nahrungsaufnahme zu ermöglichen, empfiehlt es sich, das Futter auch unter Sträucher zu streuen oder Ähnliches. Futter am Boden - ob auf dem Rasen oder unter Büschen - wissen übrigens auch viele andere Vögel zu schätzen. Rotkehlchen und Buchfinken zum Beispiel. Oder Amseln.

Wintergoldhähnchen, 24.01.2022, Staaken/Berlin.
Wintergoldhähnchen, 24.01.2022, Staaken/Berlin.
Wintergoldhähnchen, 30.12.2023, Hahneberg/Berlin.
Wintergoldhähnchen, 30.12.2023, Hahneberg/Berlin.

Sommergoldhähnchen (Regulus ignicapilla)


Das Sommergoldhähnchen kann im Gegensatz zum Wintergoldhähnchen nicht das ganze Jahr über beobachtet werden, denn Sommergoldhähnchen sind Zugvögel, die die Wintermonate in südlichen Ländern Europas verbringen. Sie sind außerdem weniger weit verbreitet als ihre Verwandten und kommen seltener vor als diese. Ich habe Sommergoldhähnchen überhaupt erst ein einziges Mal gesehen und fotografieren können. Gemeinsam ist beiden Arten die geringe Körpergröße und das Gewicht.

Sommergoldhähnchen, 22.03.2021, Bullengraben/Berlin.
Sommergoldhähnchen, 22.03.2021, Bullengraben/Berlin.

Auch die Vorliebe für Nadelwaldbiotope teilen die Vögel, wobei das Sommergoldhähnchen nicht so stark von der Fichte abhängig ist. Sommergoldhähnchen kommen auch mit Mischwäldern zurecht, in denen nur wenige Fichten vorhanden sind. Der Nestbau beider Arten gestaltet sich ebenfalls ähnlich. Allerdings verwenden Sommergoldhähnchen nicht so viel Mühe auf den Innenausbau des Nestes wie Wintergoldhähnchen und polstern mit bedeutend weniger Federn aus. Das hat damit zu tun, dass Sommergoldhähnchen nicht so weit nördlich wie Wintergoldhähnchen brüten und weniger kalten Temperaturen ausgesetzt sind. Im Gegensatz zu Wintergoldhähnchen, die neben tierischer Nahrung auch auf Sämereien ausweichen, fressen Sommergoldhähnchen ausschließlich Insekten und deren Larven sowie Spinnen und andere Kleintiere. Was wiederum ihr Zugverhalten erklärt, da es in unseren Breiten in den Wintermonaten keine geeignete Nahrung für die Vögel gibt. Das Äußere des Sommergoldhähnchens ist dem des Wintergoldhähnchens ähnlich: heller Bauch (der des Sommergoldhähnchens ist heller als der des Verwandten) und gelbgrüner Rücken. Die Flügel zeigen sich insgesamt dunkler und tragen zwei weiße Flügelbinden. Eindeutige Unterscheidungsmerkmale sind vor allem der weiße Überaugenstreif und die leuchtend gelben Halsseiten des Sommergoldhähnchens, die auch ins Grünliche gehen können. Der Scheitelstreif des Sommergoldhähnchens ist beim Männchen orange, beim Weibchen gelb und zeigt sich deutlicher als beim Wintergoldhähnchen.

Sommergoldhähnchen, 22.03.2021, Bullengraben/Berlin.
Sommergoldhähnchen, 22.03.2021, Bullengraben/Berlin.
Sommergoldhähnchen, 22.03.2021, Bullengraben/Berlin.
Sommergoldhähnchen, 22.03.2021, Bullengraben/Berlin.

Kommentare: 3
  • #3

    Thorsten aus Mühlheim (Montag, 19 Februar 2024 17:43)

    Aus beruflichen Grnden war ich im Winter ein paar Wochen auf dem Darss und als Vogelfan bin ich reichlich beschenkt worden. Auch Wintergoldhähnchen konnte ich beobachten. Die kleinen Dinger tummelten sich sogar in den Hecken vor unserem Hotel. Ich finde Ihre Seiten sehr gelungen und informativ. Sie stecken voller Anregungen, dass man doch noch genauer hinschat. Danke schön und alles Gute.

  • #2

    Bernhard K. (Mittwoch, 31 Januar 2024 12:34)

    Besten Dank für diesen schönen Artikel, zumal man beide Winzlinge auf einer Seite sieht. Wintergoldhähnchen sind regelmäßige Gäste in unserem Garten (nahe Ribnitz-Damgarten). Vor allem im Winter tauchen sie zusammen mit Meisen auf. Sommergoldhähnchen machen sich dagegen sehr rar. Ich habe überhaupt erst zweimal ein Sommergoldhähnchen gesehen. Leider werden es von Jahr zu Jahr weniger Arten und weniger Vögel. Es wird immer stiller in unserer Natur, zumal das Summen und Brummen der Insekten ebenfalls nachlässt. Genieen wir das, was noch lebt und tun wir, was wir können, um es zu erhalten.
    Liebe Grüße von einem Naturfreund aus dem Norden

  • #1

    Naturfreund (Mittwoch, 20 Dezember 2023 16:09)

    Liebe Marion Haufe, ich lese Ihre Artikel unheimlich gern. Es kommt so viel Interesse und Liebe zur Natur in Ihren Texten zum Ausdruck. Und sie machen neugierig. Wintergoldhähnchen sind in den kalten Monaten häufige Gäste in meinem Garten und ich mag die kleinen Federbündel sehr. Sommergoldhänchen hab ich noch nie gesehen, aber ich werde die Augen offen halten. Vielleicht kommt ja mal eines v orbei. Ich wünsche Ihnen alles Gute und noch viele schöne Naturerlebnisse. Und werde immer mal wieder bei Ihnen vorbeischauen.
    Viele Grüße von Thomas aus Sachsen