Der Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros)
Das charakteristische Geträller der Hausrotschwänze (Phoenicurus ochruros) gehört in Berlin-Staaken zum Sommer wie die hohen Töne der zahlreichen Mauersegler, die es bei uns glücklicher Weise immer noch gibt. Und da die etwa spatzengroßen Rotschwänze manchmal bereits Anfang März aus ihren Überwinterungsgebieten in südlichen Europa und nördlichen Afrika zurückkehren und bis Ende Oktober/Anfang November bleiben, kann man sie eine ziemliche lange Zeit hören und sehen. Je nach Witterung und Nahrungsangebot bleiben sie manchmal sogar bis in den Dezember hinein oder versuchen, in unseren Gefilden zu überwintern. 2023/2024 habe ich zum ersten Mal zwei männliche Rotschwänze erlebt, die nicht weggezogen sind. Den Namen "Hausrotschwanz" trägt der gefiederte Geselle übrigens vollkommen zu Recht, denn er hat nicht nur einen rötlichen Schwanz, sondern brütet auch gern in und an Gebäuden in der Nähe der Menschen. Ob unter Dachvorsprüngen, auf Balken, in Mauernischen oder an sonstigen Gebäudestellen - der Hausrotschwanz ist bei der Wahl des Nistplatzes außerordentlich erfinderisch.
Dass der Vogel eine ausgesprochene Vorliebe für Gebäude hat, liegt darin begründet, dass er eigentlich in Bergregionen beheimatet ist und dort in den Felsen brütet. Ein Eldorado für Hausrotschwänze sind daher beispielsweise Ruinen wie die verfallenen Gebäude des ehemaligen Krankenhauses West-Staaken, in denen Hausrotschwänze in großer Zahl brüteten. Auf dem und um das Gelände herum gab es so viele Hausrotschwänze wie sonst nirgends in Staaken. Allerdings ist es damit leider vorbei, denn die Gebäude wurden bzw. werden seit 2017 saniert. Die Zahl der Hausrotschwänze in diesem Gebiet hat daher stark abgenommen. Glücklicher Weise sind die interessanten Vögel aber auch mit intakten Gebäuden und einer Vielzahl unterschiedlichster Lebensräume zufrieden, sofern diese geeignete Nistmöglichkeiten bieten. Zur Not tun es auch Hohlräume in großen Baumstubben.
Mit ungefähr 14 Zentimetern sind Hausrotschwänze ungefähr genauso groß wie der Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus), mit dem sie gar nicht so selten verwechselt werden (am Ende der Seite gibt es zum Vergleich zwei Bilder vom Gartenrotschwanz). Allerdings weisen Hausrotschwänze nur im Schwanzbereich rötliche Töne auf. Die Männchen haben also keine rötliche Brust wie der Gartenrotschwanz und den Weibchen fehlen die rötlichen Flanken. Des Hausrotschwanzes Grundfarbe ist Grau in verschiedenen Schattierungen. Erwachsene Männchen im Prachtkleid wirken bis auf den rostroten Schwanz, den grauen Kopf sowie die weißen Flügelspiegel sehr dunkel und weisen einen großen Anteil schwarzen Gefieders auf. Das Weibchen kommt in einem grauen bis bräunlichen Federkleid daher. Ihm fehlen die schwarzen Anteile und der weiße Flügelspiegel.
Hausrotschwänze lieben es übrigens, an warmen Tagen in der Sonne zu schmoren, um Plagegeister im Gefieder loszuwerden und das vor allem in der Zeit der Mauser. Wenn Sie also einen Hausrotschwanz entdecken, der platt und mit ausgebreiteten Flügeln auf den warmen Steinen eines Weges in der Sonne liegt, frönt dieser dem sogenannten Komfortverhalten, ist also nicht tot oder verletzt und wird davonfliegen, sobald sie ihm zu nahe kommen. Außerdem gehören Hausrotschwänze zu den frühesten Sängern des beginnenden Tages: Wie die Amsel starten sie bis in den Juni hinein bereits vor Sonnenaufgang mit ihrem typischen Trällern in den Tag.
Während der Balz kann man häufig beobachten, wie ein Männchen ein Weibchen quasi durchs Gelände jagt, und zwar sehr ausdauernd. Dieses Verhalten ist genauso Teil des Balzrituals der Hausrotschwänze wie das immer wieder protzige Imponiergehabe des Männchens. Mögliche Nistplätze werden gemeinsam in Augenschein genommen. Bevorzugt werden überdachte, geschützte Stellen, an denen das Weibchen ein ziemlich großes Nest baut, welches vom Weibchen in Bezug auf Größe und Umfang perfekt an den Nistplatz angepasst wird. Hausrotschwanz-Weibchen sind begnadete Architektinnen. Am Ende steht am Nistplatz ein kleiner Turm mit einer tiefen Mulde, in die um die 5 Eier gelegt werden. Hausrotschwänze brüten ein bis zwei Mal Jahr und bieten uns Vogelfreundinnen somit viel Gelegenheit, die Jung- und Altvögel zu beobachten. Da Hausrotschwänze recht schnell das Nest verlassen, entdeckt man hier und da Vögel, die noch teilweise ihr Daunenkleid tragen und deshalb recht lustig aussehen. Nach dem Verlassen des Nestes sitzt der noch etwas struppige Nachwuchs verstreut an exponierten Plätzen im Gelände und wird noch eine Weile von den Altvögeln mit Futter versorgt.
Mit dem Ablegen der ersten kuscheligen Daunen wechseln Hausrotschwänze in das weibchenfarbige Jugendkleid. Gesagt sei, dass Männchen im zweiten Kalenderjahr entweder noch weibchenfarbig oder aber schon männchenfarbig ohne den weißen Flügelspiegel sein können. Es ist daher nicht leicht zu beurteilen, ob man einen weiblichen Hausrotschwanz oder ein junges Männchen vor sich hat. Ich vermag es oft jedenfalls nicht. Sobald die Jungvögel vollends umgekleidet und flügge sind, geht die Familie gemeinsam auf die Nahrungssuche. Gern sitzen sie dabei zum Beispiel auf Maulwurfshügeln und halten nach kleinem Getier Ausschau. Es ist sehr interessant, ihre Flugkünste beim Insektenfang zu beobachten. Dabei können sie sogar kurz rütteln wie ein Kolibri oder Falke. Beliebt sind außerdem Beeren, zum Beispiel die der Traubenkirsche. Hausrotschwänze sitzen mit Vorliebe auf Dachgiebeln, Zäunen, Laternenpfählen und anderen erhöhten Punkten im Gelände. Man erkennt sie erstens an ihren typischen Lauten und zweitens am häufigen Schwanzzittern. Wenn viele Hausrotschwänze in Familie unterwegs sind, ergibt das eine Menge Geträller und Gewippe. Dann sind sie weder zu überhören noch zu übersehen.
Da sich Haus- und Gartenrotschwänze gar nicht so selten Lebensräume teilen (und sich ab und an sogar miteinander paaren sollen), folgen noch ein paar Fotos vom Gartenrotschwanz.
Zum Vergleich: Der Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus)
