Der Habicht (Accipiter gentilis)


Habicht (Accipiter gentilis) mit geschlagener Ringeltaube, 08.10.2016, Staaken/Berlin
Habicht (Accipiter gentilis) mit geschlagener Ringeltaube, 08.10.2016, Staaken/Berlin

Der Habicht, lateinisch Accipiter gentilis genannt, was so viel wie "Edler Zugreifender" bedeutet, ist einer unserer bekanntesten, aber auch heimlichsten Greifvögel. Beheimatet in Wäldern mit altem Baumbestand kann man ihn am ehesten im späten Winter oder zeitigen Frühjahr entdecken, wenn Habichtpaare ihre Balzflüge absolvieren. Manchmal hat man Glück und erblickt den stolzen Vogel in einem Baum am Wegesrand, der jedoch umgehend das Weite sucht, sobald man sich nähert. Nach meiner Erfahrung kommt man lediglich an Junghabichte näher heran, wenn man es vorsichtig versucht.

Junghabicht (Accipiter gentilis), 21.02.2021, Staaken/Berlin
Junghabicht (Accipiter gentilis), 21.02.2021, Staaken/Berlin

Weilen Sie in ländlichen Gegenden, werden Sie unendlich viele Geschichten über den Habicht und seine Geflügeldiebstähle hören. Tatsächlich haben ihn die wenigsten Erzähler beim Jagen zu Gesicht bekommen. Und noch weniger wurden durch ihn um ein Huhn oder eine Taube ärmer ... Ausnahmen bestätigen natürlich wie immer die Regel. Obwohl sein lateinischer Name erkennen lässt, dass er als eleganter Jäger der Lüfte bewundert und verehrt wurde, ist er von jeher gleichermaßen gehasst und verfolgt worden. Objekt der Verehrung war er nämlich nur dann, wenn er als Beizvogel dem Menschen als Jagdgehilfe diente. In freier Wildbahn war er ein Feind, den es zu töten galt. Daran hat sich bis heute leider nur wenig geändert. Man kann nicht wirklich glauben, dass manche Brieftauben- oder Hühnerzüchter sowie Jäger den Habicht immer noch als Schädling, als Konkurrenten betrachten und die unschönen Geschichten über diesen Greif am Leben erhalten, neue hinzufügen und sich mit den getöteten Tieren an Stammtischen oder in Internetforen brüsten.

Erschossen, vergiftet oder in Fallen verendet gehört der Habicht zu den in Deutschland am meisten verfolgten Greifvögeln. Eine bittere Realität, die einer Wohlstandsgesellschaft wie unserer unwürdig ist. Hinzu kommt, dass das Töten von Greifvögeln eine Straftat darstellt, denn bereits seit 1979 steht der Habicht ganzjährig unter Schutz, und zwar in der gesamten Europäischen Union. Bis dahin war der Bestand der Habichte kontinuierlich rückläufig (in Großbritannien haben sie es sogar bis zur Ausrottung getrieben). Schuld daran war allerdings nicht nur das Abschießen und Vergiften, sondern auch die Entnahme von Habichtjungen aus den Horsten, um sie dann in der Falknerei für die Beizjagd auszubilden.

Habichtrupf (Stockente) am Murellenteich im Juni 2018
Habichtrupf (Stockente) am Murellenteich im Juni 2018

Übrigens finde ich es ziemlich schwierig, Habichte von ihren kleineren Verwandten, den Sperbern, zu unterscheiden. Insbesondere, wenn man die Vögel am Himmel fliegen sieht. Ich sitze häufig mit mehreren Bestimmungsbüchern vor meinen Fotos am Laptop und raufe mir die Haare. Meistens komme ich angesichts der Fotos ins Zweifeln, war ich doch im Gelände der festen Überzeugung, einen Habicht fotografiert zu haben, der sich dann als Sperber entpuppt oder gar nicht zu bestimmen ist, weil die entscheidenden Merkmale auf den Fotos nicht zu sehen sind. Relativ einfach ist lediglich die Unterscheidung von jungen Habichten und jungen Sperbern, da Junghabichte auf der Brust ein typisches dunkles Muster zeigen, nämlich nach unten gerichtete Tropfen, die von Weitem wie eine Längsstreifung wirken können. Tja. Von daher hoffe ich, dass auf dieser Seite tatsächlich ausnahmslos Habichte zu sehen sind. Wenn nicht, bitte ich um eine Mail oder eine Mitteilung im Gästebuch.

Seit einigen Jahren siedeln sich Habichte zunehmend in Städten an. Vielleicht, weil sie im urbanen Raum einerseits keinerlei Verfolgung durch den Menschen ausgesetzt sind und andererseits in Tauben, Nebelkrähen, Staren und Ratten ständig Nahrung vorfinden. Auch in Berlin kann man in großen Parkanlagen oder auf Friedhöfen mit alten Bäumen auf den Habicht treffen. Allerdings muss man Geduld mitbringen, denn der Habicht geht den Menschen in den Städten ebenfalls möglichst aus dem Weg. Obwohl er also meistens unsichtbar bleibt, stößt man auf Spaziergängen hin und wieder auf den Beweis seiner Anwesenheit: einen sogenannten Greifvogelrupf. Entweder liegen nur noch die Federn oder Reste seiner Beute auf dem Boden, wenn er zum Beispiel beim Rupfen oder Fressen gestört wurde.

Eine Schar Nebelkrähen vertreibt einen Junghabicht (Accipiter gentilis), 11.09.2020, Staaken/Berlin
Eine Schar Nebelkrähen vertreibt einen Junghabicht (Accipiter gentilis), 11.09.2020, Staaken/Berlin

Wer auf der Suche nach dem imposanten Greif ist, sollte immer ein Auge und ein Ohr auf Nebelkrähen haben, sofern welche in der Nähe sind. Da Habichte zu ihren Todfeinden gehören, stürzen sie sich sofort mit großem Geschrei auf die Greifvögel, sobald sie sich blicken lassen und verraten so seine Anwesenheit. Oft verbünden sie sich dabei mit Eichelhähern sowie Elstern. Gemeinsam und äußerst lautstark stellt die Rabenvogelbande dann dem Habicht nach. Unter dem Motto "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" halten die unterschiedlichen Rabenvogelarten zusammen, wenn es darum geht, gefährliche Eindringlinge zu vertreiben. Und das, obwohl sie sich sonst untereinander Spinnefeind sind. Bleibt noch zu schreiben, dass Habichte ziemlich alt werden können. In Berlin hat es ein männlicher Habicht auf stattliche 18 Lebensjahre gebracht. In Freiheit wohlbemerkt. Mit dem Namen "Methusalem" versehen lebte er auf einem Kreuzberger Friedhof und wurde von unzähligen Vogelfreunden aus allen möglichen Ländern bestaunt und fotografiert. Leider kam er Juni 2017 zu Tode (vermutlich ist er gegen ein Scheibe geflogen). So berichteten es jedenfalls verschiedene Berliner Tageszeitungen.

Ich für meinen Teil hatte am 08. Oktober 2016 mein ganz persönliches Habichtserlebnis, denn ich wurde von einem Habicht mit Beute regelrecht überrascht. Bei einem Spaziergang flog er plötzlich vor mir auf und suchte dicht über meinen Kopf hinweg das Weite. Da er offensichtlich Mühe hatte, die noch lebende Ringeltaube zu transportieren, ließ er sich 10 Meter weiter noch einmal auf dem Boden nieder. Bei dieser Gelegenheit sind die hier gezeigten Fotos entstanden. Ich will nicht verhehlen, dass diese Begegnung nicht nur ein sehr aufregendes, sondern auch ein bewegendes Erlebnis für mich gewesen ist. Denn, wann kommt man diesem wunderschönen Vogel schon mal derart nahe. Und ich möchte - wie bereits auf der Startseite "Greifvögel" - noch einmal darauf hinweisen, dass Greifvogelbeobachtungen nicht immer schön sind, denn der Todeskampf der Ringeltaube ging mir sehr nahe und war alles anderes als schön anzusehen.