Es geht los ...

Sibirischer Blaustern (Scilla siberica), März 2019, Staaken/Berlin
Sibirischer Blaustern (Scilla siberica), März 2019, Staaken/Berlin

Ja. Die Nächte sind manchmal noch frostig und trübe, kühle Tage sind im Moment eher die Regel als laue Frühlingslüfte. Stimmt alles. Trotzdem. Es geht los: Mit dem Frühling. Dem Singen. Trällern. Balzen. Blühen und Grünen. Dem Summen und Brummen. Wir können es hören, riechen und sehen. Was für eine phantastische Zeit ... Frühblüher wie der Sibirische Blaustern mit dem wohlklingenden lateinischen Namen Scilla sibirica zaubern Farbtupfer in die noch eintönig wirkende Natur. Nach den Schneeglöckchen und Winterlingen gehört er zu den ersten Blumen im Jahr. Sein strahlendes, sattes Blau ziert Gärten und Parkanlagen, wo er manchmal riesige Teppiche ausbildet, die schon von Weitem leuchten. Mich erinnern Blausternchen stets an meine Kindheit in Buchholz, das heute zum Bezirk Pankow gehört. Dort gab es einen kleinen verwilderten Park - von den alten Buchholzern "Lausepark" genannt, in dem es im Frühling vor lauter Blumen nur so wimmelte. Schneeglöckchen, Märzenbecher, Blausterne, Wiesen-Schlüsselblumen, Buschwindröschen, Lerchensporn - eine farbenfrohe Welt, die mich als Kind magisch anzog. Der Sibirische Blaustern steht in der freien Natur übrigens unter Naturschutz, das sei gesagt. Auch wenn er am Wegesrand blühend den Weg über Gartenabfälle ins Freie gefunden hat. Aber der Blaustern ist nicht nur wunderschön. Zusammen mit Roter Taubnessel, Persischem Ehrenpreis, Wiesen-Goldstern, verschiedenen Pflaumenarten wie der gelbfrüchtigen Mirabelle, der Kornelkirsche und natürlich den allseits bekannten und beliebten Weidenkätzchen stellt er eine wichtige Nahrungsquelle für unsere Insekten und Vögel dar, die nun entweder ihre Winterruhe beenden oder aus südlichen Gefilden zu uns zurückkehren.

Zilpzalp (Phylloscopus collybita), März 2019, Staaken/Berlin
Zilpzalp (Phylloscopus collybita), März 2019, Staaken/Berlin

Bei den Weidenkätzchen handelt es sich in der Regel um die Salweide, einem der bedeutendsten Bäume für Schmetterlinge, Bienen, Hummeln und andere Insekten sowie verschiedenste Vögel. Die Artenanzahl in einer alten Salweide steht der in einer betagten Eiche in nichts nach. Kaum zu glauben, aber wahr. Jene Kätzchen, die so schön leuchtend gelb blühen und in denen es geräuschvoll summt und brummt, sind übrigens männlich. Die weiblichen Kätzchen sind eher unscheinbar grünlich. Leider ist es in Dörfern und Städten, Gärten und Parkanlagen zur Gewohnheit geworden, Weiden in jedem Frühjahr zurückzuschneiden. Damit entzieht man einer unendlichen Zahl von Tieren eine der wertvollsten Nahrungsgrundlagen. Wer also Weiden im Garten hat, sollte sie nur etwa alle sechs Jahre zurückschneiden und sich ansonsten über das Leben in diesem Gewächs freuen. Ich schrieb ja, dass die Salweide nicht nur für Insekten, sondern auch für Vögel von unschätzbarem Wert ist. Und das ist tatsächlich so, und zwar nicht nur wegen der Insekten und Insektenlarven wie Schmetterlingsraupen, die in Unmengen an Jungvögel verfüttert werden. Für Vögel wie den Zilpzalp stellt der Nektar der männlichen Blüten die wichtigste Energiequelle nach seiner Rückkehr aus dem südlichen Winterquartier dar. Sein zweiter Name "Weidenlaubsänger" kommt also nicht von ungefähr und dort, wo alte Weiden noch blühen dürfen, ist der Vogel mit seinem typischen "Zilpzalp-Ruf" nicht weit.

Männliches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), März 2019, Staaken/Berlin
Männliches Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola), März 2019, Staaken/Berlin

Natürlich ist der Zilpzalp nicht der einzige gefiederte Rückkehrer, der derzeit unsere Wege kreuzt. Bachstelzen, Hausrotschwänze, Goldammern, Schwarzkehlchen und Feldlerchen haben ihre Sommerquartiere ebenfalls bezogen und erfüllen die Luft mit ihren Balzgesängen. Auch Herr und Frau Turmfalke haben ihren Horst in meiner Wohnnähe pünktlich besetzt und widmen sich der Balz. Allen Vogelmännern, ob nun heimkehrend oder hier heimisch, ist ein farbenprächtiges Balzkleid und ein mehr oder weniger melodischer Gesang gemeinsam, mit dem sie die weibliche Vogelwelt beeindrucken wollen. Okay, das Krächzen der Eichelhäher oder das hohe Fiepen der Turmfalken fällt nun eher nicht unter den Begriff "Gesang", gehört aber genauso zur frühlingshaften Geräuschkulisse wie die perlenden Melodien von Rotkehlchen, Zaunkönig oder Heckenbraunelle. Hin und wieder sieht man noch kleine, lärmende Gesellen wie Birken- oder Erlenzeisige. In großen Schwärmen fallen sie in Birken oder an Futterstellen ein und stärken sich für den langen Weg nach Norden, in ihre skandinavischen, nordosteuropäischen oder sibirischen Brutgebiete.

Blaue Holzbiene (Xylocopa violacea), März 2019, Staaken/Berlin
Blaue Holzbiene (Xylocopa violacea), März 2019, Staaken/Berlin

Manche Vögel haben Balz und Partnerwahl bereits hinter sich und sind wie die Nebelkrähen mit dem Nestbau beschäftigt, während Kleiber und Blaumeise fleißig am Nahrungsammeln für die bereits geschlüpften Jungen sind. Ein Blaumeisenpärchen hat als Nistplatz einen Spalt in einer Ruine gewählt. Der Kleiber hingegen nistet in Astlöchern und mauert sein Weibchen ein. Er ist ein emsiger Besucher von Vogelfutterstellen, wo er Unmengen an Erdnüssen und Sonnenblumenkernen in seinen Schnabel stopft, die er anderswo für schlechte Zeiten versteckt. Schon oft erwähnt, aber noch nicht gezeigt: die Insekten. Erste Schmetterlinge wie Tagpfauenauge, Weißes C oder und Zitronenfalter wärmen sich in der Sonne und laben sich an den Blüten der Roten Taubnessel oder der Salweide. Eine Blaue Holzbiene fliegt an einer alten Mauer umher. Sie ist ein eher seltenes, aber sehr beeindruckendes Insekt, das für die Familienplanung auf Totholz angewiesen ist. Ihr tiefschwarzer Körper kann fast 30 mm lang sein und das markanteste Erkennungszeichen sind ihr blau schimmernden Flügel. Die Blaue Holzbiene ist unsere größte Bienenart und ihr Anblick ist wirklich ein ganz besonderes Erlebnis. An besonnten, warmen Orten schwirren unzählige kleine Bienen umher. Es sind Wildbienen, die ihre Nester an unterschiedlichsten Orten bauen. Mal in der Erde, mal in Bäumen, mal in Halmen, eine Art nistet sogar in Schneckenhäusern. Erste Raupen wie die des Brombeerspinners machen sich auf die Suche nach einem Verpuppungsplatz, an dem sie sich in Ruhe in einen Schmetterling verwandeln können. Dicke Hummelköniginnen fliegen auf der Suche nach einem geeigneten Platz für ihr Nest dicht über dem Boden ... Schlupfwespen thronen an der Spitze mancher Pflanze ... Überall summt und brummt es. Es gibt so unheimlich viel zu sehen ...

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Kommentare: 7
  • #1

    Staakener (Freitag, 29 März 2019 09:51)

    Hallo Marion,
    endlich ein neuer blogartikel. Zilpzalp, Holzbiene - nie gehört oder gesehen. Und dass Weiden so wichtig sind wusste ich auch nicht. Danke.

  • #2

    Bertram (Freitag, 29 März 2019 15:23)

    Der Frühling ist die schönste Zeit und wenn man sie dann zusätlich auch noch per Bild presentiert bekommt. Schick.

  • #3

    Klaus (Montag, 01 April 2019 11:39)

    Ich wollte schon immer mal wissen, wie die kleinen blauen Blumen heißen, die in meinem Garten überall wahsen. Sibirischer Blaustern. Aha. Wieder was gelernt. Danke schön.

  • #4

    Ich (Dienstag, 02 April 2019 14:09)

    Hallo, ihr Lieben und ein herzliches Dankeschön fürs Feedback. Ja, dass die Salweide so ein wichtiger Baum für unsere Tierwelt ist leider nicht mehr vielen Menschen bewusst. Liegt vielleicht auch daran, dass es kaum noch Schulgärten, Heimatkundeunterricht und Wandertage in der Natur gibt. Ich weiß es nicht.

  • #5

    1984 (Mittwoch, 03 April 2019 13:11)

    Ich freue mich diese Seite gefunden zu haben. Was für schöne Fotos. Ich werde noch ein wenig stöbern.

  • #6

    aka12 (Mittwoch, 10 April 2019 16:17)

    raupenim märz? niemals. die hast du bestimmt in irgendeinem sommer aufgenommen.

  • #7

    Ich (Dienstag, 16 April 2019 12:01)

    Es gibt nicht wenige Raupen, die im zeitigen Frühjahr unterwegs sind. Es ist nur nicht so einfach, sie zu entdecken.