Was für ein Anblick! Ein männlicher Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus) ist einer unserer auffälligsten, weil farbenprächtigsten Singvögel. Mit seiner roten Brust, der schwarzen Kehle, dem grauen Rücken und dem weißen Stirnband. Eine Schönheit. Ohne Frage. Und dann der lateinische Name: Phoenicurus phoenicurus. Das klingt genauso elegant wie sie aussehen. "Gartenrotschwanz" klingt dagegen fast schon zu banal. Aber sie sind eben genau das: Vögel aus der Gattung der Rotschwänze, die inzwischen gern in Gärten leben. "Inzwischen", weil der Gartenrotschwanz ursprünglich ein Vogel der Wälder ist. Dass es sich um Rotschwänze handelt (die wiederum gehören zur Familie der Fliegenschnäpper zählen), ist nicht zu übersehen, denn sowohl Männchen als auch Weibchen besitzen rötliche Schwanzfedern. Was die Färbung des sonstigen Gefieders angeht, hat das Weibchen wie so oft in der Vogelwelt das Nachsehen. Es ist nicht so kontrastreich und farbenfroh gekleidet wie das Männchen, eher unscheinbar. Oft wird es auf den ersten Blick mit den Hausrotschwänzen verwechselt. Eine helle Kehle und ein heller Augenring sowie die beigefarbene Unterseite mit den rötlichen Flanken unterscheidet einen weiblichen Gartenrotschwanz jedoch eindeutig von den eher dunkel und grau erscheinenden Verwandten, die nur im Schwanz- und Bürzelbereich rötliche Töne aufweisen. Wer es genauer wissen will, kann einen Blick auf die Fotos von Garten- und Hausrotschwanz am Ende der Seite werfen.
Wie fast alle hier vorgestellten Fliegenschnäpper handelt es sich bei den Gartenrotschwänzen um Zugvögel. Bei uns kann man sie von Ende April bis ungefähr August/September beobachten. Wenn genügend Nahrung zur Verfügung steht und die Witterung mitspielt, manchmal sogar bis Oktober. Um in ihre Überwinterungsgebiete zu gelangen, müssen die bis gut 14 Zentimeter großen Vögel eine lange Reise unternehmen, denn diese befinden sich südlich der Sahara. Das heißt, die kleinen Vögel müssen nicht nur die mittel- und südeuropäischen Länder und das Mittelmeer überqueren, sondern gleichfalls die Sahara. Und das gleich zwei Mal! Einmal hin. Und dann wieder zurück. Welch eine phantastische Leistung!
Gartenrotschwänze sind Höhlenbrüter, mindestens aber müssen es gut geschützte, nicht vollkommen einsehbare Nischen sein. Die Vögel sind deshalb auf älteren Baumbestand angewiesen, in denen sie von Spechten gezimmerte Höhlen, Astlöcher oder andere Hohlräume vorfinden. In der Nähe der Menschen werden außerdem Nistkästen oder Hohlräume unter Dachfirsten sehr gern angenommen, womit sie in Konkurrenz zu den Hausrotschwänzen (Phoenicurus ochruros) - Fotos befinden sich am Ende des Textes - stehen, mit denen sie mancherorts den Lebensraum teilen. Die zuerst aus den Überwinterungsgebieten zurückkehrenden Männchen besetzen ein Revier und wählen geeignete Nistplätze aus, die sie den Weibchen zeigen. Die Auswahl des Nistplatzes obliegt dem Weibchen; ebenso der Nestbau und die Brut. Gebrütet wird ein Mal. An der Fütterung der Jungvögel beteiligen sich beide Elternteile. Nach Verlassen des Nestes werden die Jungen noch eine Weile von den Altvögeln gefüttert und mit viel Glück kann man das sogar beobachten, da sich die Jungvögel durch lautes Geschrei verraten. Das gilt besonders für den urbanen Bereich, wo sich die Vögel etwas an die Menschen gewöhnen. Im unteren Bereich von Gebüschen verteilt warten die Jungvögel darauf, dass die Eltern mit Futter auftauchen und sind sofort zur Stelle, sobald diese landen. Erfreulicher Weise sind Gartenrotschwänze immer noch recht häufige Vögel, die neben Gärten gern Parkanlagen, lichte Wälder und ähnliche Biotope als Brutgebiet und Lebensraum besiedeln. Hauptsache, es gibt genug Nahrung in Form von Insekten, Raupen und anderem Kleingetier sowie Nistmöglichkeiten. Wer also Gartenrotschwänze im eigenen Garten begrüßen möchte, muss durch eine geeignete Bepflanzung für jede Menge Insekten sorgen und Nistkästen aufhängen, wenn keine Bäume mit Höhlen oder andere Alternativen vorhanden sind.
Insbesondere in der Zeit, in der die Jungvögel gefüttert werden müssen, kann man Gartenrotschwänze bei der Nahrungssuche beobachten. Diese erfolgt entweder als Ansitzjagd, am Boden oder auch in perfekter Fliegenschnäppermanier in der Luft. Meistens jedoch sitzen die Vögel auf Ästen oder anderen Sitzwarten nicht allzu hoch über dem Boden und halten nach Beute Ausschau. Oft sieht man sie auch auf dem Boden umher hüpfen, um Insekten und Kleinstgetier aufzupicken.
Übrigens: Wer denkt, insbesondere das Männchen sei aufgrund seiner Färbung recht leicht zu beobachten, der irrt. Zumindest dann, wenn sich das Männchen im Geäst von Büschen und Bäumen befindet. Ich bin immer wieder total erstaunt darüber, wie gut diese Vögel getarnt sind.
Wenn Gartenrotschwänze im Spiel von Licht Schatten zwischen den Blättern auf einem Ast sitzen oder am Boden zwischen Laub und Gräsern nach Nahrung suchen, fallen sie wirklich kaum auf und man wird erst auf sie aufmerksam, wenn sie sich bewegen. Der beste Anhaltspunkt dafür, dass Gartenrotschwänze in der Nähe sind, ist der charakteristische Ruf des Männchens. Ganz nach Rotschwanz-Manier sitzt er irgendwo auf einem Ast oder Holzpfahl, auf dem Gartenzaun oder dem Hausdach und lässt immer wieder seinen kurzen, immer gleichen Ruf los. Ein kurzes Trällern, dessen letzte Töne etwas tiefer sind als die ersten. In der Balzzeit ist es von morgens bis abends zu hören. Dabei wippt der kleine Vogel auf und ab. Eine Beschreibung dieses Rufes ist ziemlich schwierig, deshalb sei das Abhören einer entsprechenden Audiodatei empfohlen, die sich in manchen Vogelbüchern, aber auch im Internet leicht finden lassen. Hat man dieses Trällern erst einmal verinnerlicht, ist es ein Leichtes, die Anwesenheit eines Gartenrotschwanzes festzustellen. Dann muss man ihn nur noch entdecken ... Viel Glück dabei!