Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia)
Dieser Vertreter der Familie der Edelfalter (Nymphalidae) flattert mir immer nur in meinen Rügen-Urlauben über den Weg. Von Mitte/Ende April bis in den August hinein ist der Wegerich-Scheckenfalter (Melitaea cinxia) dort zum Beispiel in den Zickerschen Bergen oder auf den Wiesen rings um den Middelhagener Schafberg zahlreich anzutreffen. Wegerich-Scheckenfalter lieben warme, artenreiche Wiesen, die kurzrasige und offene Stellen aufweisen und insbesondere auf dem Rügener Mönchgut noch häufiger vorkommen. Schwer zu finden ist der Falter in diesen Gebieten übrigens nicht, denn seiner Angewohnheit, sich insbesondere bei starkem Wind oder für ein Sonnenbad am Boden niederzulassen, geht er gern auf Wegen nach, wo man ihn beim Laufen dann aufscheucht. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 40 Millimetern gehört der Wegerich-Scheckenfalter weder zu größten noch zu den kleinsten Edelfaltern, fällt aber dennoch auf. Seine Grundfarbe ist ein mehr oder weniger leuchtendes Braunorange, das mit zunehmendem Alter des Falters verblasst. Die weiß gesäumten Flügel tragen ein dunkles Gittermuster. Vier bis fünf der orangefarbenen Felder auf dem Hinterflügel haben einen schwarzen Fleck. Die Unterseite ist von weißen bzw. orangefarbenen Querbinden gekennzeichnet, die schwarz begrenzt sind. Sowohl die weißen als auch die orangefarbenen Felder der Unterseite tragen schwarze Flecken.
Weibchen und Männchen
Männchen und Weibchen lassen sich nicht immer gut voneinander unterscheiden, finde ich. Erst recht nicht im Gelände, denn die Falter sitzen selten still. Irgendwie sind sie fast immer in Bewegung: Sie fliegen von Blüte zu Blüte, jagen den Weibchen hinterher oder kabbeln sich mit Artgenossen. Gar nicht so selten flattern vier bis fünf Wegerich-Scheckenfalter gemeinsam wild umher. Mir gelingt ein Unterscheiden am besten im direkten Vergleich, nämlich dann, wenn sich die Männchen an die Weibchen heranpirschen oder bei der Paarung. Weibchen sind meist größer und dunkler als Männchen und haben einen dickeren Leib.
Balz und Paarung
Die Balz der Wegerich-Scheckenfalter ist eine wilde Sache. Da wird geflattert und geflattert, zwischendurch gelandet, den Weibchen hinterher gelaufen und schließlich wieder geflattert, bis man endlich zueinander findet. Hin und wieder muss auch noch ein aufdringlicher Artgenosse verjagt werden - als männlicher Wegerich-Scheckenfalter hat man jede Menge zu tun, bevor es zur Paarung kommt, die meist etwas verborgen zwischen Gräsern und Kräutern stattfindet.
Eiablage, Raupen und Nahrungspflanzen
Nach der Paarung legt das Weibchen mehrschichtige Eierhäufchen auf den Blattunterseiten der Raupen-Nahrungspflanzen ab. Besonders beliebt ist Spitzwegerich (siehe Name der Falter), aber auch seine Verwandten werden für die Eiablage genutzt. Daneben spielen der Große Ehrenpreis, das Kleine Habichtskraut und die Gemeine Wiesenflockenblume eine große Rolle, wenn es um die Eiablage und die Nahrung der Raupen geht.
Die Grundfarbe der Raupen ist schwarz. Sie wird bis zu 25 Millimeter lang, hat einen roten Kopf, trägt zahlreiche schwarze Dornen und weiße Punkte. Wegerich-Scheckenfalter-Raupen lieben es gesellig: Sie leben in einem bodennahen Gespinst und trennen sich erst im Erwachsenenalter kurz vor der Verpuppung voneinander. In der Regel erscheinen die Falter in einer Generation pro Jahr.
Bis auf den Spitzwegerich dienen die Nahrungspflanzen der Raupen den Faltern auch als Nektarquelle. In den Zickerschen Bergen sind zum Beispiel der recht seltene Große Ehrenpreis und das sehr häufige Kleine Habichtskraut ausgesprochen beliebt. Oftmals kann man an den Standorten dieser Pflanzen zudem die Balz oder das Sonnenbaden mehrerer Wegerich-Scheckenfalter beobachten. An einem warmen Tag mit blauem Himmel in den Zickerschen Bergen zu wandern, ist eh schon ein Erlebnis für sich, denn die Zickerschen Berge gehören zu den schönsten Gebieten auf Deutschlands größter Insel. In einer Zeit, in der unsere Schmetterlinge immer seltener werden, auf Schritt und Tritt Wegerich-Scheckenfaltern und anderen Schmetterlingen zu begegnen, ist für Menschen wie mich schlichtweg ein feines Wander-Sahnehäubchen, das es zu genießen gilt.
Übrigens. Davon, dass der Wegerich-Scheckenfalter auf Rügen noch an vielen Stellen fliegt, sollte man sich nicht täuschen lassen, wenn es um den Zustand dieser Art in Deutschland geht. Hin und wieder wird der Wegerich-Scheckenfalter noch "Gemeiner Scheckenfalter" genannt. Ein Hinweis darauf, dass er früher in Deutschland zu den häufigen Schmetterlingen zählte. Das ist heute leider nicht mehr der Fall, auch wenn man auf Rügen einen anderen Eindruck bekommt. Tatsächlich gehört er inzwischen zu den seltenen und stark gefährdeten Schmetterlingsarten in Deutschland, das sei gesagt. Für mich ist es immer wieder ein besonderes Erlebnis, das schönste Blau der Rügener Pflanzenwelt - den Großen Ehrenpreis - garniert mit einem Nektar saugenden Wegerich-Scheckenfalter erleben zu können - ein Stelldichein zweier seltener, geschützter Arten, denn für den Großen Ehrenpreis gilt dasselbe wie für den Falter. Aber natürlich kann man die Falter nicht nur an dieser Pflanze entdecken. Der Wegerich-Scheckenfalter nutzt auch Gemeine Grasnelken, das Kleine Habichtskraut, Gemeines Ochsenauge, Kornblumen, Gewöhnliches Ferkelkraut und viele andere Pflanzen als Nahrungsquelle, wenn er nicht gerade an einer offenen Bodenstelle ein Sonnenbad nimmt oder mit der Balz beschäftigt ist.
