Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis)


Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis), 31.05.2016, Staaken
Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis), 31.05.2016, Staaken

Wer diese Blüten geöffnet vorfindet, kann sicher sein, dass es zwischen 8 und 12 Uhr ist. Denn nur in dieser Zeit öffnet der Wiesen-Bocksbart seine Blüten.  Es war übrigens kein Geringerer als Carl von Linné, der entdeckte, dass bestimmte Pflanzen nur zu bestimmten Tageszeiten blühen. Wer sich damit auskennt, kann sich eine "Blumenuhr" anlegen, so wie er es seinerzeit in Uppsala getan hat.  Und weiß zudem auch ohne Uhr, wie spät es ungefähr ist. Aber das nur am Rande. Vielleicht greife ich das Thema "Blumenuhr" noch einmal auf, denn bei uns wachsen recht viele Pflanzen, die die Zeit anzeigen. Mal sehen ...

 

Die Eigenart des Wiesen-Bocksbartes, nur vormittags seine Blüten zu öffnen, scheint ein Grund dafür zu sein, dass er oft gar nicht wahrgenommen wird. Wenn überhaupt, fallen seine kugelrunden Samenstände auf, die denen des Löwenzahns sehr ähnlich sind, nur eben viel größer. Sein Name kommt übrigens daher, dass die gerade geschlossene Blüte an einen Bocksbart erinnert. Ich für meinen Teil finde ja, dass man dafür sehr viel Phantasie braucht, aber jut.

Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis), 28.05.2016, Staaken
Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis), 28.05.2016, Staaken

Dass die Pflanze heutzutage nahezu unbekannt ist und in der Regel übersehen wird, ist schade. Der Wiesen-Bocksbart ist nämlich viel mehr als nur ein hübscher Vertreter unserer heimischen Flora. Jahrhunderte lang wurde der Wiesen-Bocksbart, von dem es verschiedene Unterarten gibt, als Gemüse angebaut. Denn sämtliche Teile dieser Pflanze sind essbar. Die jungen Triebe soll man wie Spargel zubereiten, die Blätter als Spinat oder Salat. Der Geschmack ähnelt wohl dem der Endivie. So steht es jedenfalls in den Büchern - selbst probiert habe ich es noch nicht.  Versehen mit blutreinigenden und schweiß- sowie harntreibenden Inhaltsstoffen taucht der Wiesen-Bocksbart zumindest in älterer Literatur als Heilpflanze auf.

 

Tja, und obwohl ich den Wiesen-Bocksbart bereits aus Kindertagen kenne und liebe, wusste ich bis vor kurzem nichts davon. Allerdings habe ich mich auch nicht dafür interessiert. Erst in diesem Jahr, wo er mir quasi auf Schritt und Tritt begegnet, habe ich mich etwas näher damit beschäftigt. Keine Ahnung, ob die Bedingungen für das Gedeihen dieser Pflanze besonders günstig sind oder ob sie einfach nur mehr in meinen Fokus gerückt ist - Fakt ist, dass ich noch nie so viel Wiesen-Bocksbart gesehen habe wie in diesem Frühsommer.  Ob auf Wiesen, am Wegesrand oder in steinigem Gelände - überall finden sich Exemplare dieser eleganten Erscheinung. Und ehrlich gesagt: Ich staune über das, was ich über den Wiesen-Bocksbart erfahren habe. Wer hätte gedacht, dass diese Allerweltspflanze eine derart interessante Geschichte und enge Verbindung zum Menschen hat. Ich jedenfalls nicht.

Als Gartengemüse sieht man ihn heutzutage jedenfalls nicht mehr. Offensichtlich ist er zumindest in Berlin und Brandenburg als Nutz- und Heilpflanze in Vergessenheit geraten. Anderenfalls wäre mir das mit Sicherheit aufgefallen. Dabei würde er sich als Ersatz für die vielen empfindlichen Exoten in unseren Beeten hervorragend eignen, denn außer einem warmen, sonnigen Platz braucht er nicht viel, um zu gedeihen. Er ist ein widerstandsfähiges Wesen, dessen gelbe Blüten von vielen Käfern, Hummeln, Bienen oder Faltern besucht werden. Ganz abgesehen von seinen äußerst dekorativen Samenständen. Ich werde demnächst ein paar Samen auf einem Beet verstreuen. Mal schauen, was daraus wird. Und kosten werde ich ihn ebenfalls.